Dorf Bernrieth
- Oberbernrieth anno 1932 -
Hineingeduckt in eine Mulde liegt unter dem Gipfel des Fahrenberges in 700 m Höhe das kleine Dorf Oberbernrieth. Bis 1967 Sitz einer einklassigen Schule und bis 1971 Mittelpunkt der weitverstreuten Gemeinde Bernrieth, hat es heute zweifellos an Bedeutung verloren. Doch ist durch den Skilift und die Wallfahrtskirche auf dem Fahrenberg der Bekanntheitsgrad recht hoch.
Wann Oberbernrieth gegründet wurde, darüber gibt keine Urkunde Auskunft. Der Ursprung ist aber mit Sicherheit im Rahmen der deutschen Besiedlung des sogenannten Nordgaues zu suchen, die in Form von Rodungssiedlungen vor allem im 11. und 12. Jahrhundert auch die höheren Lagen des Oberpfälzer Waldes erschloss. Darauf deuten die zahlreichen Ortsnamen "' mit der Endung -rieth hin, was reuten oder roden bedeutet. Diese Namen enthalten in ihrem ersten Bestandteil meist einen Personennamen. So ist es auch bei Bernrieth: Der Name ist nämlich als die Rodung eines Bero oder Pero (= der Dicke, Starke) zu erklären. So lauten auch die ersten Schreibweisen Berinriute, 1394 Pernreut, 1451 Bernreut, 1666 Bernrieth. Bernrieth gehörte mit dem Fahrenberg von Anfang an zur Herrschaft Waldthurn, wurde aber 1308 nach dem Aussterben der Waldthurner zusammen mit dem Fahrenberg und Waldkirch an das Kloster Waldsassen verkauft. Die erste urkundliche Erwähnung von Bernrieth erfolgte 1350, als das Kloster Waldsassen die Landgrafen Ulrich II. und Johann I. von Leuchtenberg die Vogtei u.a. über Waldkirchen, Schöntann, Reperch, Ohssenpach (beim heutigen Mangelsdorf), Öd Mühl und Reut (= Bernrieth) übertrug. Bernrieth war zu dieser Zeit auch bereits Pfarrsitz, denn im Pfarreienverzeichnis der Diözese Regensburg von 1350 ist „Pernreut" als Pfarrei bezeugt. 1352 verkaufte das Kloster Waldsassen seinen Besitzkomplex vom Fahrenberg bis Waldkirch an die Brüder Ulrich, Konrad und Heinrich von Waldau, die Herrschaftsnachfolger der Waldthurner.
Die nächste urkundliche Erwähnung Bernrieths erfolgt am 18.11.1394: An diesem Tag verlieh der Landgraf Johannes von Leuchtenberg dem Ritter Doberhozz (= Tobias) von Waldau zu Waldthurn „das Halßgericht über den Fahrenberg, Pernreut und Waltkirchen". Derselbe Doberhozz vermachte 1396, kurz vor seinem Tode, 600 fl zu 4 Kirchen, nämlich Lenhartsreut (= Lennesrieth), Pernreut, Varnberg und Waldkirchen, wo sich überall ein Leutpriester und ein Friedhof befanden.
Ab 1420 begannen die Raubzüge der Hussiten. 1425 erschienen sie auch auf dem Fahrenberg, wobei sicher auch Bernrieth nicht ungeschoren davonkam. May berichtet von einer Unmenge von Pfeilspitzen, Radschienen und Hufeisen, die rings um den Fahrenberg gefunden wurden.
1488 ist wieder ein Leutpriester in Bernrieth bezeugt. Das Ende der Bernriether Pfarrkirche kam 1524, als im Rahmen eines Bauernaufstandes das Kloster auf dem Fahrenberg und die Kirchen in Bernrieth und Waldkirch zerstört wurden. Das bezeugt auch noch das Salbuch von 1666: „In Oberbernrieth ist vor unvordenklichen Zeiten eine Kirche gestanden mit einem gemauerten Friedhof, wie das Gemäuer noch ausweist. Mit dem Kloster Fahrenberg ist sie damals schon zugrunde gegangen." Fundamente dieses Gotteshauses konnten im August 1990 im Anwesen Müller, Oberbernrieth, festgestellt werden.
In einem Lehenbrief, den sich Hans Tobias von Waldau zu Waldthurn 1527 vom böhmischen König erbat, werden das Dorf Pernrieth, Rattwasch, die Wüstungen zum Geissel (Geissenrieth) und Ohssenpach (Ochsenschlag) erwähnt. Im Waldthurner Salbuch von 1535 werden erstmals die Namen der Bewohner von Bernrieth genannt: Ulrich Hanauer, Hans Radt, Jörg Lingel, Jörg Reithl, Erhard Härtl, Ulrich Schöpf und Wilhelm Ebenhoch. Alle mussten den kleinen und den großen Zehent geben, außerdem Scharwerk und Fron leisten. Bernrieth hatte damals 50 Einwohner.
1540 verkaufte der letzte Waldauer die Herrschaft Waldthurn an Willibald von Wirsberg. Da dieser mit der Zahlung der Kaufsumme recht säumig war, sollte der Fahrenberg als Pfand bei den Waldauern bleiben. So gab es laufend Reibereien und Händel, die auf dem Rücken der Bevölkerung ausgetragen wurden. So wird beispielsweise aus dem Jahre 1551 berichtet: „Die Waldauer fahren fort, den Berg zu benützen, lassen Holz hauen, fangen Bauern, verbieten zwei Bernriethern zu ackern und drohen mit Erschießen. Sie greifen am 24. April 1521 mit 13 Mann Bernrieth an und fuhren Hans Weichen mit großem Geschrei gefangen fort und wollen ihn köpfen."
Um 1600 muss Bernrieth ein stattliches Dorf gewesen sein, wie an einer Karte des Amtes Vohenstrauß ersichtlich ist. Es besaß 32 Mannschaften (= Männer) und einen schon damals allerdings veralteten Meierhof (herrschaftlicher Gutshof), der 73 Tagwerk Acker und 57 Tagwerk Wiesen umfasste, dazu Waldungen am Fahrenberg, im Puch, unterhalb Bernrieth und Birkenbühl sowie das Mangelholz.
Oft wurden die Bewohner auch von den eigenen Herren übel drangsaliert, so von Georg Christoph von Wirsberg (1593 - 1623) und seinem Sohn Hans Ulrich (1623 - 1632), der „Junker" genannt. Sie trieben den Leuten das Vieh weg, ritten die Getreidefelder nieder und hetzten Hunde auf die Leute. So überfiel beispielsweise am 27. Juli 1617 der Junker Bernrieth, ließ die Fenster einschlagen, die Stricke der Wagen abschneiden und die Leitern zerhauen. Zwei Kinder des Eismann, die am Wege hüteten und die Tiere rasch wegtreiben wollten, wurden vom Junker mit der Reitpeitsche so unbarmherzig geschlagen, dass ein Kind vor lauter Wunden „for thot liegen tut", das andere vor Schrecken die Sprache verlor. Auch im dreißigjährigen Krieg (1618 - 1648) hatte das Fahrenberggebiet viel zu leiden. Soldaten verheerten und plünderten die Gegend, viele Dörfer wurden damals öd. Besonders schlimm waren die Jahre 1623, 2625, 1630 und 1631; 1634 aß man in Bernrieth vor lauter Not Wurzeln. In Bernrieth wurden 7 Güter öd.
Eine bessere Zeit kam, als 1666 die Lobkowitzer die Herrschaft Waldthurn übernahmen. Diese Epoche, die bis 1807 dauerte, kann man als die Blütezeit des Fahrenberger Landes bezeichnen. Im Salbuch von 1666 wird zu Bernrieth ein „schöner herrschaftlicher Meierhof' genannt mit 64 Tagwerk Ackern und 57 Tagwerk Wiesen. Die Bernriether waren zu diesem Meierhof, der übrigens am Dorfeingang stand, schuldig: Scharwerk, Spinnen, Jagen (Treiberdienste), Botengänge. Gegen Lohn mussten sie auch fahren und Kohlen brennen. 12 Anwesen sind für diese Zeit namentlich bezeugt. 1704 tauchen erstmals die Namen Götz, Feyler und Müller auf.
1743 zählte Bernrieth 14 Anwesen. Um diese Zeit gab es hier auch schon eine sogenannte Winterschule. : Nach dem Verkauf der Herrschaft Waldthurn an das Königreich Bayern wurden aufgrund allerhöchster Verordnung vom 13. Mai 1808 Steuerdistrikte gebildet, deren es im Landgericht Vohenstrauß 47 gab. Zum Steuerdistrikt Bernrieth gehörten Ober- und Unterbernrieth, Mangelsdorf, Ober- und Unterfahrenberg, Bibershof und Radwaschen. Im Zuge der Verwaltungsneuordnung wurden danach politische Gemeinden gebildet. Bernrieth wurde seit 1821 als Dorfgemeinde gefuhrt und zählte 58 Familien. Seit 1830 gehörten auch Mangelsdorf und Hagenmühle zur Gemeinde, die dann 1840 408 Einwohner hatte, davon wohnten 90 in Oberbernrieth.
Auch im 19. Jahrhundert gab es noch manche Hungerjahre, bedingt durch Missernten, so 1870, 1872 und 1875, so dass nicht wenige Gemeindebewohner auswanderten und ihr Glück in der Fremde suchten.
Am 1. Oktober 1878 wurde die Freiwillige Feuerwehr gegründet. 1877 hatte Oberbernrieth 102 Bewohner, die Gemeinde 513. In der Statistik der deutschen Schulen im Regierungsbezirk Oberpfalz von 1886 heißt es: „Oberbernrieth, Dorf, 17 Häuser, 25 Familien, 125 Einwohner, darunter l Wirt und l Krämer."
Die Schule hatte 49 Werktags- und 19 Feiertagsschüler. Einen gewissen Anschluss an das moderne Verkehrswesen brachte die Errichtung der Haltestelle Fahrenberg der Bahnlinie Weiden - Eslarn.
1910/11 erbaute die Gemeinde unter großen Opfern das stattliche neue Schulhaus. 1911 wurde Oberbernrieth von einem Grossbrand heimgesucht, dem 8 Anwesen zum Opfer fielen. 1915 wurde die Wassergenossenschaft gegründet und der Bau der Wasserleitung durchgeführt.
Die beiden Weltkriege rissen große Lücken in die Bevölkerung. Nach dem II. Weltkrieg kam der Flüchtlingsstrorn; manche Heimatvertriebene fanden hier - wenn auch nur vorübergehend - Unterkunft und erste Bleibe. Dies dokumentiert sich auch im Anwachsen der Bevölkerung nach dem Kriege: 1939 hatte die Gemeinde 422 Einwohner, 1950 482, 1956 wieder 371, 1968 schließlich 325.
Die weitverstreute Berggemeinde leistete vor allem seit 1948 erhebliche Aufbauarbeit, so im Ausbau von Wirtschaftswegen, im Neubau des Feuerlöschgerätehauses in Oberbernrieth, im Ankauf einer Motorspritze oder im Ausbau der Ortsbeleuchtung.
Im August 1967 wurde die einklassige Volkssc hule Oberbernrieth als erste „Zwergschule" aufgelöst und der Volksschule Waldthurn eingegliedert. Am 31.12.1972 endete auch die Selbständigkeit der politischen Gemeinde Bernrieth, und genau an diesem Tage wurde auch der langjährige, verdiente Bürgermeister Josef Beimler („Fahrenberger Wirt") zu Grabe getragen. Die Gemeinde Bernrieth wurde dabei dreigeteilt, die Feuerwehr konnte aber erhalten werden.
So hat das kleine Dorf am Fahrenberg zwar politisch und kulturell an Bedeutung verloren, doch ist er heute ein wichtiger Fremdenverkehrsort der Marktgemeinde Waldthurn. Für alle aber, die hier ihre Heimat haben, ist es ein liebenswertes Fleckchen Erde, eben die Heimat.